Kooperationsvertrag zwischen ÖBB und Baumann Paletten Antworten der EPAL auf häufig gestellte Fragen (FAQ)


Die ÖBB Rail Cargo Group (ÖBB) hat in einer Pressemittteilung vom 22.03.2023 erklärt, dass sie einen Kooperationsvertrag mit dem deutschen Unternehmen Baumann Paletten GmbH abgeschlossen hat, um die Marke „EUR“ und ihren offenen Tauschpool zu stärken. EPAL erhält seitdem viele Anfragen, ob die Initiative der ÖBB irgendwelche Auswirkungen für den offenen EPAL Europalettenpool besitzt.
Zur einheitlichen Information aller Verwender von EPAL Europaletten und aller Lizenznehmer der EPAL hat EPAL daher die häufigsten Fragen zusammengefasst. Die Antworten finden Sie hier:

 

Die ÖBB berichtet in einer Pressemitteilung vom 22.03.2023 über den Abschluss eines Kooperationsvertrags mit der Fa. Baumann Paletten GmbH. Hat dieser Kooperationsvertrag zur Konsequenz, dass EPAL Europaletten und UIC/EUR-Paletten wieder tauschfähig sind?

Nein. An der fehlenden Tauschfähigkeit von UIC/EUR-Paletten in dem EPAL Europalettenpool ändert sich durch die Kooperation zwischen der ÖBB und Baumann Paletten nichts. In der Pressemitteilung der ÖBB wird dies nicht angesprochen, und auch aus der Sicht der EPAL ist mit der Kooperation keine Änderung der aktuellen Situation verbunden. Baumann Paletten ist ein Reparatur-Lizenznehmer der ÖBB (Rail Cargo Austria), so dass es sich allein um interne Vorgänge in dem Tauschpool der UIC handelt. An den Gründen, die im Jahr 2017 zur Beendigung der Tauschvereinbarung zwischen EPAL und der UIC geführt haben, hat sich nichts geändert.

 

Warum sind UIC/EUR-Paletten nicht mit EPAL Europaletten tauschfähig?

EPAL hat die im Jahr 2014 mit der UIC abgeschlossene Tauschvereinbarung für EPAL Europaletten und UIC/EUR-Paletten im Jahr 2017 beendet, weil zuvor von vielen Verwendern und Lizenznehmern an EPAL berichtet worden ist, dass die Qualität von UIC/EUR-Paletten häufig nicht der Qualität von EPAL Europaletten entspricht und viele gefälschte UIC/EUR-Paletten im Umlauf sind. Martin Leibrandt, der von 2011 bis 2018 CEO der EPAL war, hat in einer Pressemitteilung der EPAL vom 01.03.2017 https://www.epal-pallets.org/eu-de/news/news/details/article/epal-beschliesst-ende-der-tauschvereinbarung-mit-der-uic-zum-01052017-1 hierzu erklärt: „EPAL vermag nicht länger zu gewährleisten, dass UIC/EUR-Paletten den Anforderungen entsprechen, die Industrie, Handel und Logistik zu Recht an die Qualität und die Sicherheit von EPAL Europaletten stellen. Insbesondere der unkontrollierte Import von gefälschten UIC/EUR-Paletten gefährdet die Qualität und die Sicherheit des EPAL Europalettenpools.
Hieran hat sich seit 2017 nichts geändert. Martin Leibrandt ist seit kurzem als Marketing-Leiter bei Baumann Paletten beschäftigt, so dass die ÖBB und Baumann Paletten wissen, dass UIC/EUR-Paletten nicht im EPAL Europalettenpool tauschfähig sind und warum dies so ist.

 

Was sind die konkreten Gründe der EPAL für diese Ablehnung der Tauschfähigkeit von UIC/EUR-Paletten?

Voraussetzung für die Tauschfähigkeit von Europaletten ist eine einheitliche normierte Qualität. Die Verwender von Europaletten erwarten zu Recht, dass Sie für die von Ihnen in der Logistik eingesetzten EPAL Europaletten gleichwertige Europaletten zurückerhalten. Im Palettentausch besitzen Paletten die Funktion einer Währung. Das funktioniert aber nur dann, wenn durch eine einheitliche Qualität auch der Wert der Paletten einheitlich ist. Dies kann EPAL für UIC/EUR-Paletten nicht gewährleisten, weil in vielen europäischen Ländern überhaupt keine Qualitätssicherung der UIC stattfindet, und weil in anderen Ländern die Qualitätssicherung der UIC hinsichtlich Frequenz und Qualität nicht den Standards der EPAL entspricht. Auch die Bekämpfung von gefälschten Paletten entspricht nicht den Anforderungen der EPAL. Diese Situation hat sich seit 2017 nicht verbessert, sondern nach der Beurteilung der EPAL eher verschlechtert.
Für Unternehmen aus Industrie, Handel und Logistik, die Paletten im Hochregallager oder in automatisierten Fördersystem einsetzen und daher auf eine einheitliche Qualität und Qualitätssicherung angewiesen sind, führt daher auch in der Zukunft kein Weg an EPAL Europaletten vorbei. Gleiches gilt für die internationale Tauschfähigkeit und für die Resilienz der Palettenlogistik durch eine Vielzahl von Anbietern. All das wird nur von EPAL gewährleistet. Wir empfehlen daher, bei der Bestellung von neuen und gebrauchten Paletten ausdrücklich die Lieferung und Verwendung von EPAL-Europaletten zu vereinbaren und beim Palettentausch auf die Tauschbedingungen https://www.epal-pallets.org/eu-de/default-42540c3993 und die Qualitätsklassifizierung https://www.epal-pallets.org/eu-de/qualitaetsklassifizierung der EPAL Bezug zu nehmen.

 

Erwartet die EPAL, dass die Kooperation zwischen ÖBB und Baumann Paletten zu einer Verbesserung der Qualität von UIC/EUR-Paletten führen wird?

EPAL kennt die Planungen von ÖBB und Baumann Paletten nicht.
Die Pressemitteilung von 22.03.2023 und auch die Angaben auf der Website von Baumann Paletten enthalten hierzu keine Informationen. Offensichtlich geht es aber vorrangig darum, das nach eigener Einschätzung der ÖBB nicht optimale Ansehen der Marke „EUR“ durch Marketing zu verbessern. Es ist aber nicht ausreichend, die Marketing-Aktivitäten der UIC zu verbessern, indem man nun die Marke „EUR“ in den Vordergrund rückt, weil auf Seiten der UIC nur noch sehr wenige Eisenbahnen an dem UIC-Tauschpool aktiv beteiligt sind. Notwendig wäre eine aktive und internationale Organisation des UIC-Tauschpools und die Verbesserung der Qualitätssicherung der UIC. Dies wird in den Veröffentlichungen der ÖBB und von Baumann Paletten allerdings nicht erwähnt.

 

Kann Baumann Paletten für die UIC die Organisation des UIC/EUR-Tauschpools übernehmen?

Das ist nicht möglich, wenn die UIC ihre eigenen Bestimmungen ernst nimmt.
In dem UIC-Merkblatt 435-2 für die Produktion von UIC/EUR-Paletten ist geregelt, dass Palettenorganisationen ihre Unabhängigkeit „gegenüber den Interessen von beteiligten Akteuren von wiederverwendbaren Ladungsträgern“ nachweisen müssen, „um Interessenkonflikte auszuschließen.“ Als Lizenznehmer der UIC (ÖBB/RCA) und als Anbieter von UIC/EUR-Paletten und Pooling-Dienstleistungen ist Baumann Paletten aber natürlich nicht unabhängig, sondern steht mit anderen UIC-Lizenznehmern und anderen Marktteilnehmern in direktem Wettbewerb. Eine Verbesserung der Organisation des UIC/EUR-Tauschpools durch die Kooperation zwischen ÖBB und Baumann Paletten ist daher ausgeschlossen. Auch ohne die Übertragung von Organisationsaufgaben ist mit dem Abschluss des Kooperationsvertrags der Eindruck eines Interessenkonflikts verbunden.

 

Kann Baumann Paletten für die UIC zumindest die Qualitätssicherung des UIC/EUR-Tauschpools übernehmen oder verbessern?

Auch das ist nicht möglich, weil hiermit ein konkreter Interessenkonflikt verbunden wäre.
Baumann Paletten muss als Reparatur-Lizenznehmer der ÖBB (RCA) im Rahmen der Qualitätssicherung gemäß UIC-Merkblatt 435-2 von der UIC geprüft werden. Das schließt es aus, dass Baumann Paletten selbst die Qualitätssicherung der UIC organisiert oder hieran in irgendeiner Form beteiligt ist. Da die UIC in ihrem Merkblatt 435-2 die Vermeidung von Interessenkonflikten richtigerweise zum Maßstab erklärt, kann die ÖBB nicht Baumann Paletten mit Prüfleistungen beauftragen. Bereits die bevorzugte Behandlung eines einzelnen Lizenznehmers durch den Abschluss eines Kooperationsvertrags wirft Fragen zur künftigen Unabhängigkeit des UIC/EUR-Tauschpools auf. Im EPAL Europalettenpool wäre eine solche Bevorteilung eines einzelnen Lizenznehmers nicht möglich.

 

Sind mit dem Kooperationsvertrag zwischen ÖBB und Baumann Paletten Nachteile oder Risiken für andere Palettenproduzenten und -reparateure verbunden?

Das können wir aktuell nicht beurteilen, da wir den Inhalt des Kooperationsvertrags nicht kennen.
Es ist vermutlich kein Zufall, dass in der Pressemitteilung der ÖBB und auf der Website von Baumann Paletten keine Informationen zu dem konkreten Inhalt des Kooperationsvertrags enthalten sind. Lizenznehmer der EPAL, die auch eine Lizenz der UIC besitzen, haben uns aber von ihrer Sorge berichtet, dass die Ergebnisse der UIC-Prüfungen auch für Baumann Paletten zugänglich sind oder sogar von Baumann Paletten ausgewertet werden. Für EPAL können wir dagegen Folgendes gewährleisten: auf Seiten der EPAL gilt eine strikte Vertraulichkeit hinsichtlich der Feststellungen der Prüfgesellschaften in den Qualitätsprüfungen. Andere Lizenznehmer erhalten keinen Zugang zu diesen Dokumenten. EPAL weiß, dass Produktionsmethoden und -technik zu den Betriebsgeheimnissen zählen, zu denen die Wettbewerber keinen Zugang erhalten dürfen.

 

Besitzt Baumann Paletten eine Lizenz der EPAL zur Produktion oder Reparatur von EPAL-Paletten?

Nein. Baumann Paletten ist kein Lizenznehmer der EPAL und daher nicht berechtigt, die Marke EPAL im Rahmen der Produktion oder der Reparatur von EPAL-Paletten zu benutzen.
Durch die Kooperation von Baumann Paletten mit der ÖBB und die hiermit verbundenen Interessenkonflikte ist seitens EPAL eine Lizenzierung auch ausgeschlossen. Eines der wichtigsten Prinzipien der EPAL ist die Gleichbehandlung aller Lizenznehmer. Dies gilt für die international einheitliche und unabhängige Qualitätssicherung und schließt es ferner aus, dass einzelne Lizenznehmer besondere Rechte erhalten, die Ihnen Wettbewerbsvorteile verschaffen könnten. Fairer Wettbewerb zwischen den mehr als 1.600 Lizenznehmern der EPAL ist die Grundlage für den Erfolg des EPAL Europalettenpools.

 

Warum ist Baumann Paletten als Unternehmen mit Sitz in Deutschland ein Lizenznehmer der ÖBB (RCA) und schließt mit dieser einen Kooperationsvertrag ab und nicht mit der Deutschen Bahn?

Die Deutsche Bahn AG hat sich mit ihrem zuständigen Tochterunternehmen bereits im Jahr 2013 aus der Organisation des Palettenpools zurückgezogen, ebenso wie die meisten anderen europäischen Bahnen davor oder danach. Die Gründe für den Rückzug der Deutschen Bahn haben in 2013 auch zu der Trennung von EPAL und UIC geführt. Die ÖBB (RCA) ist als geschäftsführende Bahn der UIC-Arbeitsgruppe Palettierung zuständig, in der neben der ÖBB (RCA) allein Green Cargo aus Schweden und einige osteuropäische Bahnen aktiv sind.

 

Welche Informationen besitzt EPAL über den Inhalt des Kooperationsvertrags zwischen ÖBB und Baumann Paletten?

EPAL besitzt nur die Informationen, die in der Pressemitteilung der ÖBB vom 22.03.2023 und auf der Website von Baumann Paletten enthalten sind. Auf der Website wird berichtet, dass die Marke „EUR“ sich „in den Händen“ von Baumann-Paletten befindet. Das wäre natürlich – wenn es richtig ist – äußerst bemerkenswert, da dann der UIC/EUR-Tauschpool nicht mehr unabhängig und gegenüber den Lizenznehmern und Verwendern neutral wäre. Auch dies schließt eine Tauschfähigkeit von EPAL Europaletten und UIC/EUR-Paletten aus.

 

Ist es möglich, dass auch EPAL einen Kooperationspartner beauftragt und an diesen besondere Rechte an der Marke „EPAL“ überträgt?

Nein. Auf Seiten der EPAL ist es ausgeschlossen, dass einem Lizenznehmer oder einem sonstigen Unternehmen vorrangige Rechte an der Marke EPAL eingeräumt werden.
Eine solche bevorzugte Behandlung eines einzelnen Unternehmens wäre gleichzeitig eine Benachteiligung aller anderen Lizenznehmer und Verwender von EPAL-Paletten. EPAL garantiert dagegen die Gleichbehandlung aller Lizenznehmer und auch die Gleichbehandlung der vielen Dienstleister und Verwender von Paletten im offenen EPAL Europalettenpool.
Aus diesem Grund ist EPAL als internationaler non-profit-Verband organisiert. Dies schließt den Einfluss von wirtschaftlichen und persönlichen Interessen einzelner Unternehmen auf den EPAL Europalettenpool aus.

 

Warum hat EPAL sich nicht sich nicht an der Ausschreibung des Kooperationsvertrags durch die ÖBB beteiligt?

Die ÖBB hat EPAL nicht informiert, dass die Marke EUR ausgeschrieben wird, obwohl EPAL im Jahr 2021 mit Vertretern der ÖBB und der UIC Gespräche zur Harmonisierung der Qualitätssicherung geführt hat, an denen auch ein Vertreter der WKÖ (Wirtschaftskammer Österreich, Anm.) teilgenommen hat. Da EPAL von den Vertretern der UIC nicht über die Ausschreibung informiert worden ist, ist anzunehmen, dass UIC und ÖBB schon damals andere Ziele verfolgt haben. Die Gespräche zwischen EPAL und UIC sind ohne Ergebnis geblieben, nachdem die UIC den Vorschlag der EPAL unbeantwortet gelassen hat, die Zahl ihrer Prüfungen offenzulegen, um auf diese Weise gemeinsame Prüfungen vorzubereiten. EPAL führt jährlich mehr als 25.000 unangemeldete Prüfungen in den Betrieben der EPAL-Lizenznehmer durch.

 

In der Pressemitteilung der ÖBB wird erklärt, dass 600 Millionen Europaletten im Umlauf seien. Ist das richtig?

Ja und nein. EPAL schätzt die Zahl der aktuell im Umlauf befindlichen EPAL Europaletten mit mehr als 650 Millionen, basierend auf einer durchschnittlichen Lebensdauer von 7 Jahren und den Produktionszahlen der EPAL in den vergangenen 7 Jahren. Die Lizenznehmer der EPAL haben in 2021 und 2022 jeweils mehr als 100 Millionen EPAL Europaletten produziert.
Die Zahl der UIC/EUR-Paletten ist deutlich geringer. Anders als EPAL veröffentlicht die UIC keine statistischen Daten. In der Pressemitteilung vom 22.03.2023 bezeichnet die ÖBB die von ihr geschätzten 600 Millionen Paletten auch nicht als EUR-Europaletten, sondern allein als Europaletten, um offensichtlich die EPAL Europaletten mitzuzählen. Dieser „Trick“ ändert nichts daran, dass EPAL in Europa hinsichtlich der Zahl der Lizenznehmer und der Zahl der produzierten EPAL Europaletten mit weitem Abstand der Marktführer im Bereich von Angebot und Tausch von Europaletten ist.

 

Baumann Paletten bietet auch Pooling-Dienstleistungen an. Was bedeutet das für die Dienstleister im offenen EPAL Europalettenpool?

Auch hier gilt, dass EPAL jede Bevorzugung einzelner Dienstleister durch die Einräumung von besonderen Rechten ablehnt. Ob die Übergabe der Marke „EUR“ in die Hände eines Pooling-Unternehmens bedeutet, dass UIC/EUR-Paletten in der Zukunft Privat- oder Mietpaletten sein werden, kann EPAL derzeit nicht beurteilen. Im EPAL Europalettenpool gilt für die Dienstleister ebenso wie für Lizenznehmer und Verwender, dass sie einen freien und gleichberechtigten Zugang haben. Gleiche Wettbewerbsbedingungen für Dienstleister sind die Voraussetzung für einen fairen Wettbewerb, der den Verwendern einen guten Service und marktgerechte Preise sowie dem Pool eine innovative Weiterentwicklung gewährleistet.

 

Düsseldorf, April 2023